Adrian Künzli

VICHER II, 2009 – 2014

In der Serie Vicher II wirft Adrian Künzli einen Blick auf eine Welt, die uns zwar nah umgibt und doch fern und fremd ist. Die Fotografien einheimischer Insekten und Spinnentiere offenbaren in der Vergrösserung eine Pracht an Farben, Mustern und Texturen, die uns in der Regel verborgen bleibt. Durch die Ästhetisierung alltäglicher Situationen – eine Stubenfliege, die sich ins Wohnzimmer verirrt – entstehen Bilder von betörender Schönheit. Die Körper der Insekten und Spinnen werden in Szene gesetzt und werden, losgelöst aus ihrer Umgebung, zu Kunstobjekten. Dazu trägt die Klarheit und Schärfe der aus unzähligen Einzelaufnahmen zusammengesetzten Bilder bei. Die Genauigkeit und das Hervorheben und Betonen winziger, von blossem Auge nicht wahrnehmbarer Details lässt die Bilder hyperreal und zugleich unwirklich erscheinen. Die Strukturen der Körper – die Wirbel der feinen Härchen der beiden Hummeln im Bild Love oder die Lichtreflexionen auf den Flügeln der Mosaikjungfer – werden zu eigenständigen Mus-tern und Farbklängen mit malerischen Qualitäten.

Die Drucke auf Büttenpapier – beispielsweise die Arbeit Geisha – erinnern in ihrer Taktilität und Farbigkeit an die ersten wissenschaftlichen Zeichnungen von Insekten der Malerin und Naturforscherin Maria Sibylla Merian, Ende des 17. Jahrhunderts. Etwas von der Zeitlosigkeit jener Darstellungen findet sich in Adrian Künzlis Werken wieder. Ganz im Gegensatz zur beschaulichen Distanz der Übersichtsdarstellungen Merians, stellen Adrian Künzlis Bilder durch die Grössenverhältnisse jedoch eine verstörende Nähe zu den Objekten her. Er verdichtet die Momentaufnahmen durch Spiegelungen und Überlagerungen zu Kompositionen, die Assoziationen wecken, wie Planetensystem, dessen goldene Farbtupfer sich erst aus der Nähe als eine Ansammlung kleinster Spinnen entpuppen. Universum.

Die grossen Drucke auf Acrylglas verleihen der Farbqualität und den Oberflächen der Körper eine besondere Präsenz, während die kleinen, auf Acrylblöcke gedruckten und in Kästen zusammengestellten Bilder eine plastische Tiefe erhalten und an Sammlungsstücke hinter Glas erinnern.

Diese Spannung zwischen der Fotografie und ihrem materiellen Träger, zwischen detailreicher Nähe und Auflösung, lässt ein faszinierendes Changieren zwischen Natur und Künstlichkeit entstehen, die Einblicke in ein anderes und doch vertrautes Universum geben. Eveline Schüep, Kunstvermittlerin

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